Ein Gespräch mit der scheidenden Fluglärmschutzbeauftragten Ursula Fechter und ihrer Nachfolgerin Ina Hauck über gemachte Erfahrungen im Frankfurter Fluglärmschutz, die Zukunft und Themenschwerpunkte der Stabsstelle.
Von: Karina Mombauer.
Karina Mombauer [KM]: 5 Jahre Stabsstelle für Fluglärmschutz. Wie lautet Ihr Fazit?
Ursula Fechter [UF]: Der Auftrag des Oberbürgermeisters, mir die ständige Vertretung der Stabsstelle zu übertragen und als Fluglärmschutzbeauftragte die Interessen der Frankfurter Bürgerinnen und Bürger zu vertreten, war ein Vertrauensbeweis und hat mich sehr gefreut. Die Aufgabe war aber auch sehr anspruchsvoll und ich war mit den unterschiedlichsten Herausforderungen konfrontiert. Das Amt war mit drei Personalstellen ausgestattet und in der ersten Phase musste ich Mitarbeitende finden, dazu Büros im Römer zur Verfügung stellen lassen und ein Budget aufstellen. In der zweiten Phase – und auch schon parallel – begann die inhaltliche Arbeit, die durch den Koalitionsvertrag vorgegeben war. Eine Anlaufstelle für Bürger wurde etabliert, Pressekonferenzen zu wichtigen Themen veranstaltet, Stellungnahmen abgegeben, Veranstaltungen für die Bürger und Bürgerinnen zu aktuellen, aber auch Grundsatzproblemen organisiert und im Übrigen die üblichen Verwaltungsaufgaben eines Amtes zu erledigen. Mit Corona wurden wir wieder vor neue Anforderungen gestellt. Kontakte zu den Bürgerinnen und Bürgern gab es nur noch online. Die Fluglärmbelastung ging erheblich zurück. Unsere Aufgabe war daher jetzt, auf die Entwicklung nach Corona mit dem Ziel auch einer dauerhafte Lärmreduzierung Einfluss zu nehmen.
[KM]: Was nehmen Sie für positive Erfahrungen als ehrenamtliche Stadträtin im Fluglärmschutz mit?
[UF]: Die Möglichkeit als Teil der Stadtregierung erstmalig die Interessen der Fluglärm-Bürgerinitiativen vertreten zu können. Seit der Gründung der Stabsstelle gibt es regelmäßige Treffen mit den Frankfurter Bürgerinitiativen, in denen z.B. Vorschläge für die Frankfurter Fluglärmkommission gemacht werden. Dies gab es vorher in dieser Form nicht. Es gab Treffen mit dem Oberbürgermeister, die Bürgerinitiativen wurden in den Kaisersaal eingeladen. Ein ganzer Fluglärmtag wurde veranstaltet. Dies alles wurde auch als sehr wertschätzend wahrgenommen. Was die Kontakte zu anderen Anrainerkommunen des Flughafens angeht, so ist es endlich gelungen, dass die Stadt Frankfurt über den Oberbürgermeister Mitglied in der Zukunft Rhein-Main geworden ist. Das war mir ein Herzensanliegen.
[KM]: Was lief anders, als erwartet bzw. ist auch etwas nicht so geworden, wie Sie es sich mit einer neu erschaffenen Stabsstelle bei der Stadt Frankfurt erhofft haben?
[UF]: Ich bin sehr ungeduldig. Und die Mühlen der Bürokratie laufen häufig sehr langsam. Ausnehmen muss ich hier ausdrücklich die Unterstützung in der ersten Phase des Aufbaus. Die Stabsstelle hat eigentlich aufgrund ihrer Aufgaben auch eine Schnittstellenfunktion. Daher hätte ich mir eine Zusammenarbeit mit dem Umweltdezernat, dem Verkehrsdezernat und mit dem Gesundheitsdezernat gewünscht.
[KM]: Die Zukunft der Stabsstelle für Fluglärmschutz liegt nun in den Händen von Ina Hauck, der gewählten Nachfolgerin als ehrenamtliche Stadträtin. Sie kennen sich schon seit vielen Jahren persönlich. Was geben Sie Ina Hauck mit auf den Weg?
[UF]: Mit guten Ratschlägen halte ich mich zurück. Das bedeutet nicht, dass ich als Beraterin nicht jederzeit ansprechbar bin. Sie wird ihren eigenen Weg gehen. Sie wird die Chancen und die Möglichkeiten, die ein solches Amt hat, nutzen. Ich habe in der Bürgerinitiative lange mit ihr zusammengearbeitet. Sie ist mit der Thematik bestens vertraut und ich bin sicher, sie kann das. Dazu wünsche ich ihr viel Erfolg.
[KM]: Gehen Sie nun in Rente und starten ein neues Kapitel ohne Fluglärmschutz, oder wie geht es nach der Staffelübergabe an die neue Fluglärmschutzbeauftragte für Sie persönlich weiter?
[UF]: Ich gehe nicht in Rente, sondern habe mich nur entschieden, als ehrenamtliche Stadträtin aufzuhören. Was die Stabsstelle angeht, so werde ich ihr und Ina Hauck noch in den nächsten sechs bis 12 Monaten beratend zur Seite stehen. Ansonsten läuft meine Steuerberatungskanzlei weiter und ich bin auch weiter im Sprecherteam der Bürgerinitiative Sachsenhausen. Im Übrigen freut sich meine Familie, dass ich nun mehr Zeit für sie habe.
[KM]: Frau Hauck, seit heute sind Sie die neue ehrenamtliche Stadträtin. Sie geben die politische Richtung als ständige Vertreterin des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt und in der Stabsstelle für Fluglärmschutz vor. Auf welchen Erfahrungsschatz können Sie im Fluglärmschutz zurückblicken?
Ina Hauck [IH]: Fluglärmschutz ist ein sehr vielfältiges und breites Themenfeld. Es betrifft die Anflugverfahren an Flughäfen genauso wie die Messung von Fluglärm, die Berechnung des Fluglärmindex, die Festlegung von Lärmschutzzone oder alle Maßnahmen des passiven und aktiven Schallschutzes, um nur einige Beispiele zu nennen. Neben diesen eher technischen Bereichen bewegen wir uns beim Fluglärmschutz auch in gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem Fluglärmgesetz und dem Luftverkehrsgesetz, die im Übrigen beide dringend novellierungsbedürftig sind. Dabei spielt auch das politische Umfeld eine nicht unerhebliche Rolle. In den vergangenen Jahren hatte ich in meinen Funktionen als Mitglied im Sprecherkreis der Bürgerinitiative Sachsenhausen und des Bündnis der Bürgerinitiativen, als Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Bundesvereinigung gegen Fluglärm sowie als stellvertretendes Mitglied in der Fluglärmkommission Frankfurt und des Forum Flughafen und Region sicherlich mit allen Bereichen zu tun und für die unterschiedlichen Themen die den Fluglärmschutz betreffen ein Verständnis entwickelt.
[KM]: Was sind konkret Ihre Ziele, an denen Sie im Frankfurter Fluglärmschutz gemessen werden wollen?
[IH]: Durch den Rückgang der Flugbewegungen in den letzten eineinhalb Jahren ist unsere Aufgabe nicht mehr, dass es leiser werden muss, sondern, dass es niemals wieder so laut werden darf. Konkret bietet der im Juni abgeschlossene Koalitionsvertrag gute Ansatzpunkte an deren Umsetzung wir ab jetzt arbeiten werden. Zum Beispiel: Das bestehende Nachtflugverbot muss konsequenter durchgesetzt werden, dabei müssen systematische Verspätungsflüge auch Strafen nach sich ziehen. Die Nachtrandstunden müssen entlastet werden. Hierbei sollen die Flugbewegungen auf den notwendigen Fracht- und Drehkreuzverkehr reduziert und die aufgrund der Corona-Pandemie freigewordenen Slots in der Zeit von 5 Uhr bis 6 Uhr und von 22 Uhr bis 23 Uhr daraufhin geprüft werden, ob sie entfallen können und nicht mehr belegt werden. Alle aktiven Schallschutzmaßnahmen und klimaschonende Flugverfahren müssen konsequent angewendet werden. Das Thema Kurzstreckenflüge werden wir ebenfalls erneut aufgreifen. Die Stabsstelle für Fluglärmschutz führt natürlich auch die Themen weiter, die sie bereits in den letzten Jahren in Angriff genommen hat. Vor allem als direkte Anlaufstelle für Bürger:innen-Kontakt und -Beteiligung, die Monitorings für Fluglärm und Flugbewegung am Frankfurter Flughafen, Info-Stände in den betroffenen Stadtteilen Frankfurt, Pressemitteilungen, Veranstaltungen zur Informierung und Aufklärung mit Expertenwissen und vieles mehr.
[KM]: Inwiefern haben Sie die Arbeit der neu geschaffenen Stabsstelle verfolgt und wie bewerten Sie die vergangenen fünf Jahre?
[IH]: Die Einführung einer Stabsstelle Fluglärmschutz für Frankfurt ist eine langjährige Forderung der Frankfurter Bürgerinitiativen. Ein Problem löst sich nämlich nicht, indem man es totschweigt und möglichst ignoriert… Es war ein entsprechend wichtiger Schritt, als der Oberbürgermeister vor fünf Jahren sein Versprechen eingelöst hat und mit Ursula Fechter die Stabsstelle Fluglärmschutz gegründet hat. In den vergangenen Jahren hat die Stabsstelle den Bürgerinnen und Bürgern und der Stadt ein enormes Wissen und Informationen zum Thema Fluglärm zur Verfügung gestellt. Darauf können wir jetzt bauen, um die nächsten Schritte zu gehen: Es darf nie wieder so laut werden.
[KM]: Welche ersten Schritte planen Sie mit dem Team der Stabsstelle für Fluglärmschutz?
[IH]: Wir sollten keine Zeit verlieren und die im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen zur Sicherung und Ausweitung der Nachtruhe analysieren und umsetzen.
[KM]: Mit welchen Wünschen und Hoffnungen starten Sie nun in Ihre Amtszeit?
[IH]: Ich freue mich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen mittelbar und unmittelbar von unserer Arbeit betroffenen Personen und Stellen und möchte, dass wir gemeinsam genau die Maßnahmen umsetzen, die auch langfristig die Frankfurter Bürgerinnen und Bürger entlasten und vor weiterem Fluglärm schützen.
[KM]: Besten Dank für das Interview, Frau Hauck und Frau Fechter.