Verzicht auf Kurzstreckenflüge positiv fürs Klima

Titelgrafik Flugbewegung Monitoring
Hier geht’s zum Februar-Monitoring
23. März 2021
24. Tag gegen Lärm
20. April 2021

Verzicht auf Kurzstreckenflüge positiv fürs Klima

Titelgrafik Bürgerforum

Ansprechpartnerin Natascha Feuerbach im Austausch mit Ursula Fechter

Natascha Feuerbach [NF]: Frau Fechter, wie haben Sie die Nachricht zukünftig (endlich) innerdeutsch auf Kurzstreckenflüge zu verzichten und diese auf die Bahn „zu verlagern“ aufgenommen?

Ursula Fechter [UF]: Seit vielen Jahren wird immer wieder darüber diskutiert, dass Kurzstreckenflüge unter dem Aspekt der schlechten Ökobilanz aufgrund des enormen CO2-Ausstoßes innerhalb Deutschlands „auf die Schiene“ verlagert werden sollten. Das gilt für Kurzstreckenflüge an sich als auch für Zubringerflüge. Seit geraumer Zeit gibt es schon das Programm Rail and Fly der Deutschen Bahn. Nutzt man ein Rail and Fly Angebot, bekommt man mit den Flugtickets Zugtickets zum Abflughafen und vom Rückflughafen nach Hause inklusive. Die Bahntickets sind manchmal bereits im Preis für das Flugticket enthalten und es fallen keine zusätzlichen Kosten an. Leider ist dieses Programm nicht sehr bekannt. Die Stabsstelle für Fluglärmschutz weist schon seit langem in ihrem Flugbewegungs-Monitoring auf die Problematik der Kurzstreckenflüge hin und hat festgestellt, dass die Bahn in vielen Fällen im Distanzbereich von 500 km Luftlinie im Vergleich zu einem Flug für den Reisenden zeitliche Vorteile bietet.

[NF]: Worin sehen Sie die Vorteile innerdeutsche Flüge zukünftig durch Bahnverbindungen zu ersetzen auch im Hinblick auf den Fluglärmschutz und natürlich den Emissionen?

[UF]: „Luftverkehr hat zwar nur einen Anteil von 4,3 Prozent an der CO2 Belastung insgesamt, aber jeder Flug ist klimaschädlich, außerdem haben die Emissionen aus dem Flugverkehr eine besondere Klimawirksamkeit, da sie in großer Höhe ausgestoßen werden. Neben dem Kohlendioxid (CO2) sind auch andere Faktoren wie Ozonbildung und Kondensstreifen von Bedeutung. Beruhend auf dem Bericht des Weltklimarates (IPCC) von 2007 erwärmt der Flugverkehr heute durch all seine Effekte das Klima weltweit etwa 2 bis 5 mal stärker als durch das dabei ausgestoßene CO2 allein (so genannter RFI-Faktor). Der Anteil der Kurzstreckenflüge in Deutschland lag in der Vergangenheit immerhin zwischen 25 und 30 Prozent. D. h. mit einem Verzicht auf Kurzstreckenflüge würde man einen großen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakatastrophe leisten.“

[NF]: Was ist aus Ihrer Sicht wichtig, damit die Menschen sich gerne innerdeutsch zum Flieger mit der Bahn bringen lassen?

[UF]: „Das Bewusstsein für mehr Umweltdenken ist bei den Menschen – vor allem bei der jüngeren Generation – durchaus vorhanden. Neue Organisationen wie Fridays for Future oder Scientists for Future sind entstanden. Die Klimadebatte bestimmt die Politik. Aber die Einsicht muss in aktives Handeln umgesetzt werden. Und daran mangelt es noch. Wichtig für die Zubringerflüge wäre ein vereinfachter Check In sowie die Aufgabe des Gepäcks schon am Bahnhof. Ein Kombiticket gibt es ja schon, aber dies müsste, auch von Seiten der Reisebüros oder bei Onlineangeboten, vielmehr beworben werden. Für die Kurzstrecken an sich muss die Bahn attraktive Angebote entwickeln.“

[NF]: Worin sehen Sie den kritischen Aspekt im Hinblick auf das Geschäftsmodell der Fraport AG als internationales Drehkreuz?

[UF]: „Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung im Flugverkehr, weg von den internationalen Drehkreuzen hin zu Direktflügen, auch mit kleineren Maschinen beschleunigt. Zubringerflüge werden zurückgehen und damit auch Kurzstreckenflüge. Businessflüge werden gestrichen und durch Videokonferenzen ersetzt. Damit spart man Kosten und tut gleichzeitig etwas für die Umwelt. Das ist in meinen Augen eine gute Entwicklung.“

[NF]: Was wünschen Sie sich persönlich im Umgang mit dem Fliegen nach der Pandemie?

[UF]: „Ich wünsche mir, dass sich das zunehmende Umweltbewusstsein auch im Reiseverhalten der Menschen widerspiegeln wird. CO2 Kompensationszahlungen z. B. an Atmosfair, deren Einnahmen sich seit 2015 verdreifacht haben sind für mich nur ein Ablasshandel und keine Lösung. Um das zu schaffen, sind politische Maßnahmen notwendig, die die Alternativen zum Fliegen günstiger, bequemer und schneller machen. Zudem bedarf es neuer Anreize, Forschung und Entwicklung im Bereich der emissionssenkenden Innovationen für die Luft- und Schifffahrt zu fördern und zu beschleunigen. Außerdem müssten eine Kerosinsteuer eingeführt, die Subventionen für den Luftverkehr und die Staatshilfen für viele Flughäfen gestoppt sowie zusätzliche europaweite Bahntrassen als Alternative gebaut werden.“

[NF]: Vielen Dank für das Gespräch.